Die Fender Hardware – Materialien, Klang und Optimierungspotential

In der letzten Episode haben wir uns ausgiebig mit dem klanglichen Einfluss von Brücken und Tailpieces bei Gibson Gitarren beschäftigt. Dabei wird sich der ein oder andere wohl gewundert haben, wie klangprägend die auf den ersten Blick sehr marginalen Konstruktionsunterschiede sind.

Nicht anders verhäst es sich bei Strat- und Telecastermodellen. Auch Fender hat in der Geschichte seiner beiden Klassiker oftmals die Materialien und Bauweise der Brücke bzw. des Tremolosystems verändert, was nicht zu unterschätzende Unterschiede im Klangbild zur Folge hatte. Weiterhin bietet auch hier der Replacement-Markt ein nahezu unerschöpfliches Arsenal an Upgrades oder vintage-korrekten Parts. Hier nun ein kleiner Überblick:

Telecaster:

Die zwar rudimentäre, aber dennoch unglaublich effektive Brückenkonstruktion der Urgroßmutter aller E-Gitarren besteht aus einem einfach gebogenen Blech, in dem sowohl der Stegtonabnehmer als auch die Saitenreiter sitzen. Die Saiten befinden sich auf der Rückseite des Korpus in Hülsen (den sog. Ferrules) und werden durch Korpus und Brücke über drei verstellbare Böckchen geführt (jeweils ein Böckchen für zwei Saiten). Diese Konstruktion ist zu einem großen Teil verantwortlich für den direkten und drahtigen Twangsound der Tele.

Gebogener Stahl, Messingreiter

In den Anfangsjahren – also den frühen 50ern – bestand die Brücke aus einem gebogenen Stück Stahlblech und drei Messingreitern mit glatter Oberfläche. Bereits 1954 wechselte man von Messing zu glatten Stahlreitern, was eine deutliche Klangveränderung zur Folge hatte. Während Messing für einen ausgewogenen und runden Ton sorgte, machten die Stahlreiter den Sound deutlich direkter, härter und höhenreicher. Da über die glatten Reiter die Saiten ohne Führung liefen, war das Stringspacing meistens ungleichmäßig.

Geriffelte Böckchen

1958 reagierte Fender darauf mit geriffelten Böckchen, die ein genaueres und individuelles Einstellen der Saitenabstände erlaubten. 1967 bekamen die Stahlböckchen dann vorgegebene Führungskerben und wurden im Durchmesser etwas dünner, was einen leicht schlankeren Ton mit sich brachte. Ein Manko bestand jedoch weiterhin: Da sich zwei Saiten ein Böckchen teilen mussten, war die genaue Einstellung der Intonation immer mit einem Kompromiss verbunden. Fender reagierte darauf erstmals 1972 bei der Telecaster Custom und Deluxe und brachte Brücken mit sechs individuell einstellbaren Einzelreitern auf den Markt. Somit war eine exakte Einstellung der Intonation möglich.

Flaches Brückenblech mit sechs einzelverstellbaren Gussböckchen

Die „normale“ Telecaster musste sich allerdings bis in die 80er Jahre gedulden bis die Brückenkonstruktion angepasst wurde. Schwere Messingbrücken mit sechs verstellbaren Einzelreitern, flache Brückenbleche ohne die hochstehenden Kanten (die viele Spieler eigenhändig abflachten, um bei bestimmten Spieltechniken nicht daran hängen zu bleiben), schräg stehende Vintage-Reiter (die trotz klassischer Telekonstruktion eine bessere Intonation erlauben) oder sechs Stratocaster ähnliche Gussböckchen waren alles Optimierungsansätze, die auch noch heute zum Einsatz kommen.

Wie schon im Gibson-Artikel möchte ich nun anschließend auf verschiedene Szenarien eingehen und erläutere entsprechende Tuningmöglichkeiten:

Meine Telecaster mit klassischer Brücke intoniert schlecht:

Hierfür gibt es diverse Replacement-Reiter, die durch unterschiedliche Ansätze die Kompensation der Saitenlänge optimieren. Fender selbst oder auch der texanische Hersteller Glendale bieten zum Beispiel schräg stehende Reiter an. Die Firma Gotoh hat Sättel mit unterschiedlichen Kerbungen (Gotoh In-Tune Saddles) im Programm. Auch Wilkinson stellt Böckchen mit unterschiedlichen Anschrägungen her, die allesamt eine deutliche Verbesserung der Intonation bewirken.

Meine Telecaster mit Messingreitern klingt etwas zu warm/dunkel und hat nicht genug Twang:

In diesem Fall lohnt es sich andere Sättel-Materialien auszuprobieren:

Stahl: Härterer Attack, mehr Höhen/Twang, tightere Bässe und ein insgesamt aufgeräumterer und kühlerer Grundsound

Alu: Ausgeprägte, glitzernde Höhen, weniger Bässe und schneller, aber softer Attack

Titan: Gute Saitentrennung, ausgeprägte Höhen, viel „Punch“ und Sustain, aber ein etwas steriler Grundsound

Diverse Saitenreiter von Glendale

Meine Telecaster mit Stahlreitern klingt mir zu scharf/twangig:

Der Klassische Fall, um einen Austausch gegen Messingsättel in Erwägung zu ziehen.

Mein Anschlag findet oft nahe dem Steg Pickup statt und ich reibe mir immer am klassischen Ashtray die Hand auf:

Hierfür gibt es Ashtrays mit abgeflachten Seitenwänden, z.B. die „Cut Bridges“ der Firma Glendale.

Glendale Parts

Weitere Tuningmöglichkeiten durch Hardwaretausch:

Auch das Material der Brücke nimmt Einfluss auf den Klang. Glendale beschreibt das so: Der klassische, von Fender verwendete, kaltgerollte Stahl sorgt für einen ausgewogenen Klang durch alle Frequenzen mit einer guten Balance aus Wärme und Twang. Nicht magnetische Brücken aus rostfreiem Edelstahl bringen mehr Lautstärke, Obertöne und Sustain im direkten Vergleich mit klassischen Brücken.

Selbst das Material der Ferrules (die Saitenhülsen auf der Rückseite des Korpus) hat subtilen Einfluss auf den Klang, wobei sich die unterschiedlichen Materialien ähnlich wie bei den Bridge-Saddles verhalten.

Stratocaster:

Leo Fender’s zweites Opus erblickte 1954 das Licht der Welt und besitzt eine relativ simple, aber dennoch innovative und effektive Tremolo-Brückenkonstruktion. Eine auf sechs Schrauben im Korpus gelagerte Stahlplatte mit sechs verstellbaren Saitenreitern aus gebogenem Blech sitzt mit einem aufgeschraubten Stahlblock (durch die die Saiten gefädelt werden) in einer Korpusfräsung. Die ganze Konstruktion wird rückseitig über drei Federn gegen den Korpus gezogen. Da Saitenzug und Federn ein Gleichgewicht herstellen, kann das ganze System mit einem Hebel nach oben und unten bewegt werden und stellt sich selbstständig wieder in seine Ausgangsposition zurück.

Stahlplatte mit mit sechs verstellbaren Saitenreitern

Im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen nach der Firmenübernahme durch den CBS Konzern vereinfachte Fender in den 70ern die Grundplatten/Stahlblockkonstruktion durch ein Gussteil und auch die Saitenreiter wurden durch Gussexemplare ersetzt. Das Resultat war ein deutlich matterer, mittigerer Ton. In den 80er wurde dann die Grundplattenaufhängung durch ein 2-Punkt-System mit Messerkanten ersetzt, das weniger Verstimmungen versprach. Auch das verursachte Nuancen an klanglicher Veränderung. Seit der Einführung der Reissue-Modelle und des Custom Shops sowie dem regelmäßigen Erscheinen moderner Ansätze der Strat, gibt es heutzutage eine große Diversität an Brückenkonstruktionen.

2-Punkt-System

Die Menge an Bauteilen und die kleinen Unzulänglichkeiten des grundsätzlich sehr gut arbeitenden Systems (eine fachmännische Einstellung vorausgesetzt), bietet natürlich eine Menge Tuning-/Modifikationspotential und durch die ungebrochene Popularität der Strat ist der Replacement-Markt riesig. Hier nun wieder ein paar mögliche Tuningszenarien:

Meine Strat mit Gussblock Tremolo und Gussreitern klingt etwas undifferenziert, bedeckt und mittig:

Ein Austausch gegen einen Stahlblock (erhältlich z.B. von Göldo oder Fender) und gebogene Blechreiter (auch von Fender erhältlich) bringt mehr Transparenz, Attack und Höhen. Man sollte allerdings vorher den Lochabstand der Befestigungslöcher auf der Grundplatte messen – je nach Modell kann dieser nämlich deutlich variieren.

Mittlerweile gibt es auch Tremoloblöcke aus alternativen Materialien, z.B. Messing, Aluminium oder Titan. Die klanglichen Auswirkungen sind ähnlich wie bereits weiter oben im Artikel erwähnt.

Stahlblock

Mein Tremolo ist schwebend eingestellt (man kann also nach oben und unten tremolieren). Der Sound ist mir etwas zu schwammig, das Tremolo gibt bei Bendings etwas nach und wenn mir eine Saite reißt, ist die komplette Gitarre verstimmt:

Hierfür gibt es einen ganz kostenlosen Mod: Man zieht die rückseitigen Federn in der Tremolokammer so weit an (in manchen Fällen ist hierfür eine zusätzliche Feder nötig), bis das komplette Tremolosystem auf dem Korpus aufliegt. Das bringt einen etwas direkteren Sound und das Benden funktioniert nun wie bei einer Hardtail-Gitarre. Außerdem bleibt die Gitarre im Falle einer gerissenen Saite in Stimmung. Allerdings lässt sich nun der Ton nur noch nach unten modulieren. Dabei muss zusätzlich die Saitenlage angepasst werden, was wir in unserer Werkstatt gerne für Euch vornehmen. Wer das Tremolo sowieso nie benutzt kann es auch komplett deaktivieren. Hier wird ein Holzkeil zwischen Tremoloblock und Korpus eingeklemmt und das Tremolo fixiert.

Tremolokammer

Ich benutze oft und gerne das Tremolo meiner Strat, habe aber mit ständigen Verstimmungsproblemen zu kämpfen:

Ein klassisches Stratocaster Tremolo wird zwar nie so verstimmungsarm wie z.B. ein Floyd Rose System funktionieren, dennoch kann ein gutes Setup wahre Wunder bewirken. Oft sind klemmende Sattelkerben oder reibende String-Trees das Problem. Gerne stellen wir eure Gitarre in unserer Werkstatt optimal ein, damit das Instrument die bestmögliche Stimmstabilität bekommt.

Ich hab oft Probleme mit gerissenen Saiten:

Hier lohnt ein Blick auf die Saitenreiter. Oftmals bildet sich mit der Zeit ein scharfer Grat auf der Oberseite der Reiter, an dem sich die Saiten aufscheuern. Das lässt sich mit feinem Schleifpapier beheben (wer sich selbst nicht ran traut, kann auch hierfür gerne einen Termin mit unserer Werkstatt vereinbaren). Sollte das Problem damit nicht behoben sein, lohnt ein Blick auf die Produkte der Firma Graph Tech. Diese bestehen aus besonders reibungsarmen, künstlichen Knochenmaterial. Sie produzieren einen warmen Klang mit vielen Obertönen.

Ich hoffe Ich konnte Euch wieder ein bisschen Inspiration auf der Suche nach dem perfekten Ton und der optimalen Bespielbarkeit mit auf den Weg geben. Für weitere Fragen oder eine individuelle Einschätzung zu Eurem Instrument beraten wir Euch gerne persönlich bei uns im Laden.

© Chris Danner 2/2021