NAMM 21 – Die schöne neue Welt?

Zum Beginn eines jeden neuen Jahres macht sich innerhalb der Musikalienbranche eine Mischung aus Spannung, Euphorie und Mißtrauen breit. Es herrscht, um es mit den Worten eines gewissen Bundestrainers auszudrücken: „Höchschte Konzentration“.

Die NAMM-Show im sonnigen Kalifornien öffnet ihre Tore und präsentiert dem interessierten und euphorisierten User_in bzw. Händler_in den neuesten, ultimativen, progressivsten und (Achtung: anbiedernde Jugendspache) „heißesten Scheiß“, den sich die Hersteller in mehr oder weniger langen Entwicklungszyklen haben einfallen lassen.

Das Who-is-Who der Branche gibt sich ein Stell-dich-ein, man trifft allerhand Stars und Sternchen, You-Tuber und „Influencer“; es wird getratscht, gejammt, gelacht und abends ordentlich einer oder zwei getrunken: Rock & Roll meets business.

Tja, und nun ist Pandämie. Nun ist nichts mehr mit meet-and-greet, nichts mehr mit „haben wir auf der NAMM schon gespielt und waren begeistert…“, nichts mehr mit „Steve Lukather war auch da“.

Die NAMM 2021 fand digital statt. Und natürlich waren wieder alle da, gewissermaßen.

Es wurde gestreamt was das Zeug hält. Es gab Live-Events und Präsentationen, ein Feurwerk der Bits und Bytes, nur daß diesmal kein Endverbraucher oder Händler ein Instrument ungefiltert hören bzw. anfassen und spielen konnte. Daß die Big Player bzw. Branchenriesen hierbei noch mehr Reichweite und Präsenz generieren können, liegt, wie in allen anderen Branchen auch, auf der Hand. Das zufällige Entdecken, das Unerwartete, das Überraschungsmoment kann dabei schon einmal auf der Strecke bleiben.

Nun könnte man sagen, das mit dem Covid-Dings wird schon wieder und es bleibt, wie wir alle hoffen, ein zumindest mittelfristiges Phänomen. Allerdings, so meine ich, hat die Zeitenwende schon lange vorher begonnen.

Das ist weder gut noch schlecht, das ist erstmal eine völlig logische Entwicklung und nennt sich Fortschritt; hat es immer gegeben – wird es immer geben.

Entscheidend ist allein, wie man damit umgeht.

Die Trends werden ja schon lange online aufbereitet und verbreitet. Die Infos flattern täglich und teilweise ungefragt ins Haus bzw. aufs Handy. Und ein guter Teil aller Konsumgüter wird online und über den Versandweg eingekauft. Sogar zwischenmenschliche Beziehungen werden mehr und mehr digital angebahnt; da möchte man über Umtauschrecht oder Geld-zurück-Garantie gar nicht erst nachdenken…

Wir finden das alles extrem spannend und wir werden versuchen, wie in den vergangenen fast 40 Jahren, euch das beste Equipment, die beste Beratung und den besten Service anzubieten. Wir werden das natürlich auch vermehrt online auf den Weg bringen, allerdings wollen und werden wir nicht vergessen wer wir sind und wo wir herkommen: Der Gitarrenladen vor Ort, der seine Kunden kennt, wo es keinen Kaufzwang gibt und das Gespräch über den letzten Gig genauso wichtig ist wie das Fachsimpeln über ein neues Effektgerätchen.

Denn eines ist auch klar, ohne euer Vertrauen und eure Treue auch und vor Allem während des vergangenen Jahres, wären wir nicht da wo wir sind und wir hätten die „Krise“ nicht halb so gut überstanden. Dafür nochmal: Danke!

Und nun zu den News.

DISCLAIMER

Da dieser Newsletter Artikel nicht annähernd alle 2021er Neuerscheinungen umfassen kann haben wir im Folgenden einfach die Neuheiten gelistet, die einerseits wir interessant finden und die gut in unser Sortiment passen würden und andererseits für euch, liebe Kund_innen und Freund_innen von Interesse sein könnten.

Preise und Verfügbarkeit lassen wir vorerst einmal offen; wir melden uns sobald wir Genaueres wissen oder präsentieren es aktuell auf unserer Website.

Falls ihr Interesse an einem bestimmten, evtl. hier nicht erwähnten Produkt haben solltet, lasst es uns einfach wissen.

GIBSON

Für die, die es noch nicht mitbekommen haben: Mesa/Boogie gehört nun zum Gibson Konzern. Für´s erste bleibt vernehmlich alles wie es ist. Randall Smith entwickelt weiter als Chef Designer bei Mesa, aber Gibson hat nun einen veritablen Amp Hersteller im eigenen Haus (woher kenne ich das nur?) Vielleicht gibt’s ja bald ein paar Reissues von legendären historischen Gibson Amps. Das wär doch mal was. Im Lauf des ersten Quartals soll nun das Gibson Murphy Lab seinen Dienst aufnehmen. Soweit wir wissen, kann man beim Kauf/Bestellen einer neuen Gitarre den Grad der Alterung in verschiedenen Stufen selbst bestimmen (kommt mir ebenfalls bekannt vor). Dies wird natürlich aufpreispflichtig sein.

Les Paul aus dem Murphy Lab

Quelle: gibson.com

FENDER

Bei Fender ist man dieses Jahr ganz entspannt. Hier und da wird ein wenig nachgelegt und aufpoliert und die eigene Historie zitiert. Ein Jahr in dem man durchatmet muß auch mal sein. Das schafft Energie für die nächsten großen Aufgaben. Mein persönlicher Favourit: Vibro Champ und Chrissie Hynde Tele. Auch optisch ein schönes Paar.

Quelle: shop.fender.com

PRS

PRS Guitars schreitet weiterhin interessant und gediegen voran; neue Signature Artists und wohl überlegte Modellpflege. Kann sich sehen lassen.

Quelle: prsguitars.com

IBANEZ

Ibanez hat sehr viele Neuerungen aufgelegt. Abgesehen von den Detail-Lösungen springen vor Allem die neuen Farben ins Auge: es wird merklich bunter.

Der zweite Punkt, der auffällt, ist, dass sich die Japaner, mehr und mehr um zugkräftige Endorser bemühen. Und sie machen das strategisch sehr überzeugend. Neben den bewährten Zugpferden wie z.B. Vai, Satriani, Gilbert, Scofield & Metheney geht es nun auch in Richtung jüngerer „Influencer“ und neuer Gitarren-Helden und Heldinnen (Bravo!).

Der vielleicht größte Endorsement-Coup dieser Saison ist der Josh Smith-Deal. Da hätte mal keiner gedacht, daß einer der aktuell renommiertesten Tele-Spieler zu Ibanez ins Boot hüpft. Und sie haben ihm eine wirklich interessante Signature-(T-Style, whatever) auf den Leib geschneidert. Meines Wissens, die erste Ibanez bzw. AZS mit Vintage Mechaniken und 21 Bünden. Jetzt wird es ernst.

Quelle: ibanez.com

MARTIN

Bessere Worte als die des Chairman & CEO, C.F. Martin IV, konnte ich selbst nicht finden. Daher habe ich euch seine Ansprache für das kommende Jahr kurzerhand übersetzt:

Liebe Martin-Fans,

haben wir es schon geschafft? Ich schätze, es hängt ganz davon ab, ob man Nachhaltigkeit als Weg oder Ziel definiert. Ich für meinen Teil denke, es ist der Weg.

Wir Menschen sind sehr gut und eifrig darin, uns die Ressourcen unseres wertvollen Planeten zu Nutze zu machen. Und dieses unablässige Ausbeuten der Erde ermöglicht uns ein vermeintlich gutes bzw. komfortables Dasein. Doch wir sind drauf und dran, daß dieses schöne Dasein unserer Gier zum Opfer fällt.

Nun stehen wir an einem Wendepunkt. Wir haben der Erde so viel entrissen, daß wir die Folgen oft noch gar nicht absehen können. Sieht man genauer hin stellt man fest: Mutter Erde fühlt sich nicht sonderlich wohl in ihrer Haut.

Doch, wenn ich ehrlich sein soll, glaube ich nicht, daß das für die Erde ein Problem ist; sie dreht sich seit jeher immer weiter, mit und ohne uns.

Wir, die Spezies Mensch, hatte lediglich das Glück zur richtigen Zeit am richtigen Ort aufzutauchen.

Aber wir schaffen es eben nicht, uns angemessen um die Umwelt zu kümmern, die uns zu dem gemacht hat was wir sind.

Wir schaffen es eben nicht, diese wundervolle Welt wie wir sie kennen, für die nächste Generation zu erhalten und an diese weiterzureichen.

Tatsache ist, die Wissenschaft (die Älteren unter uns erinnern sich) zeigt sich besorgt darüber, daß sich der Bestand der Sitkafichte in den Küstenregionen Alaskas und West Kanadas nicht mehr erholen könne, falls die globale Erwärmung nicht bald zurückgedreht wird.

Tatsache ist auch, daß die planmäßige Brandrodung des tropischen Regenwaldes nicht nur unser Klima gefährdet, sondern auch den Nachschub vieler unserer liebsten tropischen Harthölzer.

Weil wir es jedoch weltweit mit vielen unterschiedlichen Ursachen zu tun haben, die die Schwächung unserer Ökosysteme zur Folge haben und weil es leider kein Patentrezept für eine schnelle Lösung gibt, können wir auf diese globale Frage nur mithilfe globaler Zusammenarbeit eine Antwort finden. Territoriale Alleingänge werden hier nicht hilfreich sein.

Ich bin bereit, meinen Beitrag zu leisten. Ich hoffe, ihr seid das auch. Ich bin davon überzeugt, würde sich eine größere Gruppe unserer Vertreter_innen in politischen Ämtern häufiger und umfangreicher Sorgen um diese Fragen machen, wir könnten so manches erreichen.

Im Übrigen werden sie dafür auch (von uns allen) bezahlt.

Natürlich mache ich mir auch Sorgen um das langfristige Überleben meines eigenen Familienunternehmens. Und ich gebe zu, wir haben in der Vergangenheit einige seltene und wertvolle Rohstoffe verarbeitet, die heute vom Aussterben bedroht sind. Wir geloben Besserung.

Wir sollten uns nun jedoch nicht auf traditionelle Tonhölzer stürzen, die im Augenblick noch in ausreichender Menge vorhanden sind, nur um in der Zukunft festzustellen, daß wir genau an dem Punkt gelandet sind, den wir jetzt betrauern.

Den „Täglich-grüßt-das-Murmeltier-Effekt“ gilt es zu vermeiden..

traditioneller Gitarrenbau muß auch in der Zukunft erstens grundsätzlich möglich und zweitens bezahlbar sein. Die Anstrengungen die wir innerhalb unserer Firma investieren, jeden Tag ein wenig nachhaltiger zu werden, erfüllen mich daher mit einem gewissen Stolz.

Ich hoffe, ihr stimmt mir zu: Dieser Weg und seine Ausrichtung ist so wichtig für uns, wie er es für die nächsten Generationen sein wird. Veränderung wird es nur geben, wenn alle sich daran beteiligen. Reduzieren, reparieren, recyceln.

Schreibt eurem_er Abgeordneten und sagt ihm_ihr was euch bewegt.

Versammelt eure Kinder und Enkelkinder um euch, umarmt sie und sagt ihnen, daß sie die Chance haben, in der Zukunft einen bewohnbaren Planeten anzutreffen, der ihnen ein erfülltes Leben bieten kann.

Wir müssen nur jetzt damit beginnen.

Herzlich,

C. F. Martin IV / Chairman & CEO

C. F. Martin & Co., Inc.

Quelle: martinguitars.com

Quelle: martinguitars.com